Donnerstag, 14. Juni 2012

Der Demokrat und der Diktator

Frei übersetzt aus der Nicaraguanischen Tageszeitung "El Nuevo Diario" vom 12. Juni 2012.

Von Onofre Guevara López (Schriftsteller und Journalist)

Auf diesem Kontinent, immer noch Amerika genannt, obwohl die Vereinigten Staaten sich diesen Namen angeeignet haben, gibt es zwei Länder mit widersprüchlichen politischen Systemen, obschon sich beide als Demokratie bezeichnen, das eine als "links revolutionär" und das andere als "links demokratisch". Ich spreche von Nicaragua und Uruguay. In der persönlichen Geschichte ihrer jeweiligen Herrscher gibt es einige Parallelen, wenngleich der von Nicaragua nur so tut als würde er seine Macht auf die gleiche Weise ausüben.

Nicaragua badet seine kleine Schönheit (148'000qkm) in den Gewässern von zwei grossen Ozeanen, dem Pazifik und dem Atlantik. Uruguay (177'500qkm) die seinige zwischen zwei grossen Nationen, Brasilien und Argentinien. Nicaragua besetzt das Zentrum des "Halses" von Amerika. Uruguay ist wie am Kontinent angehängt und der Atlantik verhindert den freien Fall auf den Südpol.

Mit der Grösse und der Zugehörigkeit zu Amerika enden die Parallelen aber auch schon. Uruguay hat ein bisschen mehr als 3 Millionen Einwohner, Nicaragua mehr als 5 Millionen. Bleiben die Parallelen zwischen ihren zwei Herrschern und vor allem, die Unterschiede der Stile bei der Ausübung der Macht.

José Mujica, Freiheitskämpfer, Gründer der nationalen Freiheitsbewegung, verbrachte 14 Jahre im Gefängnis. Daniel Ortega, war nicht Gründer der nationalen Freiheitsbewegung der Sandinisten,  war halber Freiheitskämpfer, verbrachte 7 Jahre im Gefängnis.

Mujica, hat nach seiner Wahl, der Opposition zur Einführung von Steuern in der Regierung beigepflichtet. Ortega, hat mit Arnoldo Alemán noch vor seiner Wahl (2007) einen Pakt geschlossen, um die Zahlungen von Steuern zu umgehen.

Mujica benutzt keine Kreditkarten und hat keine Bankkonten. Sein offizielles Gehalt beträgt 12'500 Dollar, er bekommt aber nur 1'250 Dollar, den Rest spendet er der "Fundación Raúl Sendic"; seine Begründung lautet: "Dies muss mir zum Leben reichen, andere Uruguayer leben mit bedeutend weniger." Ortega hat sich offiziell weniger Dollar zugewiesen, aber seine Präsidentschaft bezieht Millionen von Córdobas über Kreditkarten, verschiedene Bankkonten und von privaten Firmen.

Mujica lebt in der kleinen Finca seiner Frau und sein einziges Eigentum ist ein blaues Auto von Volkswagen, offen gelegte Fakten, im Sinne der Transparenz und der öffentlichen Ethik. Ortega reist in einem Mercedes Benz, lebt in einem grossen gekauften Haus, lügt über sein Erbe, seine Geschäfte und Firmen sind offiziell nicht bekannt und er hat der Staatsaufsicht verboten diese öffentlich bekannt zu geben.

Mujicas Ehefrau ist eine vom Volk gewählte Senatorin und sie begrenz ihren Einfluss auf den ihrem Posten entsprechenden Bereich; auch sie spendet einen Teil ihres Salärs. Ortegas Ehefrau besetzt öffentliche Posten die laut Konstitution verboten sind, teilt sich die präsidiale Macht mit Ortega zu 50%, ohne konstitutionelles Recht; spendet nichts von ihrem Einkommen.

Mujica kümmert sich selber um sein Haus und sein Land, ohne zusätzlichen Schutz. Ortega lässt sein Haus von zivilen Beamten und Polizisten bewachen und wo er hingeht wird der Ort mit mehr Blumen gechmückt, als ein religiöser Altar.

Mujica geht auch schon mal alleine ins Eisenwarengeschäft um Ersatzteile für sein Haus zu kaufen, wobei er auch schon einmal von einigen Jugendlichen zu ihrem Fussballspiel eingeladen wurde und auch hinging. Ortega wurde noch nie alleine gesehen und wenn ihm ein Journalist zu nahe kommt, endet dieser, von den "Sicherheitsagenten" überwältigt, gefesselt auf dem Boden.

Mujica hat kein einziges Schild oder Plakat mit seinem Gesicht darauf in den Strassen aufstellen lassen. Ortega hat ganz Nicaragua mit seinem lächelnden Portrait zugekleistert.

Mujica zeigt sich durch sein Auftreten und sein Benehmen beim Ausüben seines Amtes,, immer als Präsident aller Uruguayaner. Ortega nennt sich "Präsident des Volkes", ohne dabei zu erröten.

Bleiben noch andere Unterschiede. Zum Beispiel ist Mujica jetzt zwei Jahre in der Regierung und verliert kein Wort über eine Wiederwahl. Ortega verbrachte bereits über 30 Jahre an der Macht und denkt nicht ans Aufhören.

Zum Schluss eine müssige Frage: Wer ist der Demokrat und wer der Diktator?

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