Samstag, 18. Februar 2012

aus dem Alltag

Schulanfang
Seit dieser Woche prägen wieder die Schuluniformen das Bild der Strassen in Nicaragua. Nach wie vor herrscht Uniformpflicht in den Schulen aber Natürlich sieht man hie und da mal einen kleinen Rebellen, der sich mit farbigen Accessoires und einem coolen Gürtel schmückt, aber alles in allem bilden die tausenden Schüler ein einheitliches Bild. Leider kam ich noch nicht dazu ein Bild davon zu machen.

Doch längst nicht alle Kinder können zur Schule gehen. Die Gründe dafür sind schnell zusammengefasst – die Armut. Die Schule ist eigentlich gratis doch der Schein trügt. Die Schuluniform, das Schreibmaterial und die Transportkosten - um nur einige Faktoren zu nennen – hindern viele Eltern daran ihre Kinder zur Schule zu schicken. Dazu kommt, dass viele Kinder ihren Beitrag zum Haushaltseinkommen leisten müssen. So musste ich erfahren, dass auch in Somotillo einige der Schülerinnen und Schüler zur Prostitution gezwungen werden oder Drogengeschäfte abwickeln müssen.  In einem Klassenzimmer zu sitzen und sich dessen bewusst zu sein ohne etwas unternehmen zu können, stell ich mir unerträglich vor. 

Doch in einigen ländlichen Gebieten kann man, zumindest in den Primarschulen, beobachten dass die Kinder die Schule sehr regelmässig besuchen. Doch weder der Wohlstand noch die Wissbegierde der Schülerinnen und Schüler sind dafür verantwortlich, sondern der Hunger. In allen Schulen wird vom Staat das Mittagessen gestellt (Reis und Bohnen), was die hungrigen Kinder in die Schule lockt. Doch besser sie kommen wegen dem Essen in die Schule als gar nicht, so kann man ihnen wenigstens ein bisschen Basisbildung mitgeben. Da sie auch noch zu klein sind um Zuhause zu arbeiten, ist die Quote der Primarschulabsolventen sehr hoch. Doch bereits in der Sekundarschule sieht das Bild wieder anders aus.

Internet
Seit gut 4 Wochen versuche ich für Zuhause einen Internetanschluss zu bekommen. Man sagte mir, dass es in León mit „Claro“ nur einen Internetanbieter gibt (welches auch gleich der grösste Handy- und Kabelfernsehanbieter ist).

Als erstes musste ich die Hausbesitzerin Luz Perez mobilisieren, da alles auf ihren Namen läuft. Der erste Besuch bei Claro verlief dann auch vielversprechend. Innerhalb von einer Stunde waren alle Verträge unterschrieben und es hiess, dass ich innerhalb von einer Woche online sein werde. Denkste. Nachdem 10 Tage lang gar nichts passierte, bin ich mal vorbei gegangen um nachzufragen. Nach einer Wartezeit von gut einer Stunde stellte man dann fest, dass mein Quartier nicht in ihrem Anschlussgebiet liegt (was man ja vor 10 Tage unmöglich wissen konnte). Also stornierten wir alle Verträge – dazu musste natürlich auch wieder Luz hinzugezogen werden – und machten einen neuen Vertrag für Internet übers Kabelfernsehen (etwas teurer), was garantiert in einer Woche laufen sollte. 3 Tage später erhalte ich einen Anruf von Luz, Claro hätte sich gemeldet. Es täte ihnen Leid, aber mein Quartier liegt auch nicht in ihrem TV-Gebiet.

Zum Glück wurde ich im Vorfeld genügend auf solche Situationen vorbereitet und blieb deshalb ruhig und suchte nach einer Lösung. Durch Rumfragen erfuhr ich dann, dass es noch einen zweiten neuen Internetanbieter in León gäbe. Also versuchte ich mein Glück da. Zunächst lief alles super, Luz brauchte auch nicht zu erscheinen und die Installateure kamen bereits am folgenden Tag um alle Kabel zu ziehen. Echt erstaunlich. Jetzt musste nur noch der Angestellte mit dem Modem vorbei kommen, der alles konfigurieren sollte. Es hiess er käme am nächsten Morgen, also organisierten wir uns so, dass jemand zu Hause sein konnte. Er kam auch um 7 – nur Abends... und weil die Geschäftstelle schon geschlossen war musste er uns auf den nächsten Tag vertrösten. Seitdem sind 3 Tage vergangen und langsam neigt sich auch meine Geduld dem Ende zu. Aber wie sagt man hier so schön – con Suave (take ist easy).

Öffentlicher Verkehr
In León hat man mehrer Möglichkeiten sich von A nach B zu bewegen. Die einfachste aber auch teuerste Variante (teuer ist hier allerdings relativ) sind die Taxis. Bewegt man sich innerhalb der Stadt so bezahlt man für jede Strecke 20 Cordobas (ca. 80Rp.). Dann gibt’s die Linea – die alten amerikanischen Schulbusse – und den Microbus – umgebaute Transporter – die dich für nur 3 Cordobas (ca. 10Rp.) mitnehmen. 
Hier habe ich auch noch keinen eigenen Schnappschuss

Sich in den Bussen fortzubewegen ist jedes Mal ein Abenteuer und zu Begin habe ich mich gesträubt überhaupt einzusteigen. Wenn die Busse voll sind, dann sind sie so voll, wie die Trams nach einem FCB-Match im Joggeli. Und da es nur einen Ausgang gibt, muss man sich schon früh daran machen, sich den Weg frei zu kämpfen. Die Nicaraguaner stören sich auch überhaupt nicht an dem engen Körperkontakt und so kann es gut sein, dass man auch mal als Haltestange missbraucht wird. Aber irgendwie wird man mit der Zeit ein Teil des Systems und es stört mich gar nicht mehr, wenn ich den Schweiss von 10 verschiedenen Personen abbekomme.

Körperkontakt
Die Nicaraguaner lieben den Körperkontakt. Wird man jemandem neu vorgestellt, gibt es immer ein Küsschen zur Begrüssung. In einem Gespräch wird man die ganze Zeit betatscht und dabei gibt es keine Unterschiede zwischen Frauen und Männern. Zu Beginn war es schon komisch während einer Konversation immer am Arm gestreichelt zu werden oder Umarmungen aus dem Nichts über sich ergehen zu lassen. Es war mir wirklich unangenehm da wir in der Schweiz jedem Körperkontakt mit Fremden aus dem Weg gehen und wir uns immer schön in unsere Komfortzone bewegen.

Ich bin zwar noch nicht so weit selber alle Leute zu betatschen, aber unterdessen habe ich mich daran gewöhnt und fühle mich eigentlich ganz wohl dabei.

Ein Stück Heimat
Kulinarisch gibt es eigentlich nicht viel was ich aus der Schweiz vermisse. Einerseits weil man vieles auch hier findet und andererseits weil ich einfach sehr anpassungsfähig bin. Doch eine Sache die fehlte mir hier schon nach wenigen Tagen - das Brot. Brot isst man in der Schweiz ja eigentlich täglich und dann am Wochenende noch einen Zopf mmmhh. Doch Probleme sind da um sie anzupacken! Also machte ich mich daran herauszufinden, wie ich hier selber Brot backen kann. Zu wissen wie man backt ist das eine - die Zutaten zu finde das andere. Und hier Hefe zu bekommen war gar nicht so einfach. Zunächst wurde ich nicht fündig aber zum Glück hatte Doris noch einen Reservevorrat aus der Schweiz, den ich gebrauchen konnte. So machte ich mich jeweils an den Wochenenden daran meine "Brotkünste" zu perfektionieren. Und durch rumfragen habe ich schlussendlich auch eine Bäckerei gefunden, die tatsächlich auch "Levadura" (Hefe) verkauft. Unterdessen backe ich Vollkornbrot und Zopf, was natürlich auch auf Interesse bei anderen Voluntarios stösst. Deshalb plane ich jetzt einen "Brotbackkurs" durch zu führen. Der Plan sieht auch vor, dass wir dann einmal im Holzofen einer Pizzeria, dessen Besitzer wir kennen, unser Brot backen können. 
Das perfekte Z'Morge - der selber gemachte Zopf
und dazu noch Kaffee aus meiner Basel-Tasse.

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